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Begriffsdefinitionen

Archiv

Allgemeine Definition

Alljene Stellen, an denen Informationsgruppen in gleicher Weise abgelegt, gesammelt und aufbewahrt werden, lassen sich als Archiv (= Datenspeicher der Vergangenheit) bezeichnen.

Definition im Archivwesen

Archive sind Einrichtungen, deren ausschließliche und vorrangige Aufgabe eine systematische Übernahme, Erfassung, Ordnung, Erschließung und dauerhafte Verwahrung von Informationen aus staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen oder Einzelpersonen sind.

  • Gedächtnis eines Landes, einer Kultur, einer Gesellschaft
  • Sammlung von Urkunden, Akten, Denkmalen und Aufsätzen über die Verhältnisse eines Landes, die für die Nachwelt zu erhalten sind

Andere Bedeutungen

  • Datenspeicher der Vergangenheit
  • Sammlung der nicht mehr für die laufende Arbeit benötigten, aber doch aufbewahrungswürdigen Dokumente einer Verwaltung
  • Ort, an dem nicht mehr für die tägliche Arbeit benötigte Informationsträger aufbewahrt, gesichert und einer Nutzung zugänglich gemacht werden
  • Einrichtung/Institution zur systematischen Erfassung, Erhaltung und Betreuung rechtlichen und politischen Schriftguts
  • Lagerhaus, Magazin, Dachboden, Abstellraum, Schatzkammer, Rumpelkammer, alter Schuhkarton, Schrank

In der EDV wird "Archiv" genutzt als Begriff für

  • Langzeitspeicher elektronischer Datenträger
  • Sicherungskopien unterschiedlicher Datenträger

Bedeutungsebenen

Es werden drei Bedeutungsebenen unterschieden:

  • Das Archiv als Gebäude
  • Das Archiv als Institution
  • Das Archiv als Zusammenfassung bestimmter Informationen (= Archivalien) oder Informationsgruppen (= Archivbestände)

Die auf das Archivgut bezogenen Merkmale werden als archivalisch bezeichnet, z.B. eine Überlieferung.

Die auf das Archivpersonal bezogenen Merkmale werden als archivarisch bezeichnet, z.B. die Aus- und Fortbildung.

Die Eigenschaft archivisch bezieht sich auf das Archiv als Institution oder auf das Archivwesen im allgemeinen, z.B. die Fachwissenschaft.

Begriffe

Abgabeliste: Liste des Schriftguts der abgebenden Stelle, das als archivwürdig bewertet wurde und das vom zuständigen Archiv dauerhaft übernommen wird.

Accession:

  • allgemein: Zugang von Registraturgut ins Archiv
  • konkret: Gesamtheit der zu einem bestimmten Zeitpunkt übernommenen Unterlagen eines Registraturbildners

Aktenzugangsnummer: siehe Zugangsnummer

Akzession: siehe Accession

Akzessionsjournal: Zugangsbuch

Akzessionsnummer: siehe Zugangsnummer

Altablage: siehe Altregistratur

Altregistratur: Aufbewahrungsort für das Schriftgut einer Behörde, Verwaltung oder Institution, das für die tägliche Verwaltungsarbeit nicht mehr (dauerhaft) benötigt wird.

Anbietungsliste: Liste des Schriftguts der abgebenden Stelle, das ausgesondert werden soll und als archivreif gilt.

Anbietungspflicht: Schriftgut staatlicher Herkunft, dessen Aufbewahrungsfrist abgelaufen ist, muss dem zuständigen Archiv angeboten werden.

Archivale, das: Ein einzelnes Informationsstück in der Menge der Archivalien

Archivalien, die: Gesamtheit aller einzelnen Informationsstücke eines Archivs (= Archivgut)

Archivalienzugangsbuch: siehe Zugangsbuch

archivalisch: Ein Archivale betreffend (z.B.: archivalische Überlieferung)

Archivar:in: Betreuer:in eines Archivs

Archivbenutzer: Person oder eine Personengruppe, die Archivgut zu einem bestimmten Thema einsieht und auswertet.

Archivbestand: Zusammenhang von Archivgut, das die Überlieferung von Schriftgut in der Regel eines, manchmal auch mehrerer Registraturbildner beinhaltet.

Archivierungsmodell: siehe Bewertungsmodell

Archivische Bewertung: Ermittlung von Archivgut, das vom zuständigen Archiv endgültig und dauerhaft ins Archiv übernommen werden sollen. Das bewertete Schriftgut wird dann als archivwürdig bezeichnet.

archivreif: Archivreif sind jene Unterlagen oder Daten, deren Aufbewahrungsfristen in der abgebenden Stelle abgelaufen sind und das zur Aussonderung ansteht (➔ Anbietungs-/Aussonderungsliste)

Archivsignatur: Kennzeichen zur eindeutigen Identifikation einer einzelnen Archivguteinheit

Archivtechnik: Dieser Bereich umfasst alle technischen und nicht technischen Maßnahmen für eine sachgerechte Aufbewahrung (= Lagerung), Aufbereitung, Erhaltung, Sicherung und Nutzung von Archivqut

Archivtektonik: Hilfsmittel zur Ordnung und Erschließung einzelner Archivbestände; wird in analoger sowie digitaler Form genutzt

archivwürdig: Archivwürdig sind jene Unterlagen oder Daten, die nach der Bewertung durch das Archiv von bleibendem Wert für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben, für die Sicherung berechtigter privater Interessen oder von Interesse für die wissenschaftliche Forschung sind (➔ Abgabe-/Ablieferungs-/Übernahmeliste)

Aufbewahrungsfrist: Die Dauer, die Unterlagen oder Daten in einer Behörde, Verwaltung oder Institution vor der Anbietung an ein Archiv bzw. Vernichtung mindestens aufgehoben bzw. gespeichert werden müssen. In der Regel 10 Jahre, längstens 30 Jahre.

Aufbewahrungspflicht: Pflicht öffentlicher Einrichtungen, ihr archivreifes Schriftgut dem zuständigen Archiv anzubieten

Ausheben: Entnahme von Archivgut aus dem Magazin, bspw. zur Vorlage beim Archivnutzer im Benutzersaal des Archivs

Aussonderung: Der Begriff definiert die Trennung des archivreifen Schriftguts vom Schriftgut in der Altregistratur/Altablage der abgebenden Stelle

Aussonderung: Trennung des archivreifen Schriftguts vom Schriftgut der Altregistratur/Altablage in der abgebenden Stelle

Aussonderungsliste: siehe Anbietungsliste

Bearbeitungsprotokoll für Neuzugänge: Dieses Formular protokolliert die einzelnen Arbeitsschritte beim Zugang neuen Archivguts ins Archiv

Behördenkartei: Ordnungshilfsmittel, das sowohl analog auf Karteikarten als auch digital als Datenbank geführt wird. Es enthält wichtige Informationen über Behörden, Dienststellen oder Verwaltungen, für die das Archiv zuständig ist

Benutzerblatt: Auf diesem jedem Archivale beigelegten Blatt werden Name und Wohnort des Archivnutzer sowie das Datum des Aushebens und des Reponierens von Archivgut vermerkt

Benutzung: Einsichtnahme in die Bestände eines Archivs für die Auswertung zu persönlichen, rechtlichen oder wissenschaftlichen Zwecken. Im rechtlichen Sinn gilt auch eine schriftliche Anfrage als Benutzung.

Benutzungsantrag: Ein Formular, das beim ersten Besuch eines Archivs vom Archivbenutzer auszufüllen ist. Die Entscheidung über den Benutzungsantrag ist ein Verwaltungsakt, dem bei Bedarf rechtliche Schritte folgen können.

Benutzungsordnung: Rechtsvorschrift (= Verwaltungsvorschrift) für die Benutzung von Archivgut; regelt die besonderen Voraussetzungen sowie den Ablauf der archivischen Benutzung und konkretisiert Rechte und Pflichten der Archivbenutzer.

Beständeübersicht: (Veröffentlichte) Zusammenstellung über die Gesamtheit der Archivbestände eines Archivs auf der Grundlage der Archivtektonik

Bestandssignatur: Alphanumerisches Kürzel für einen Archivbestand

Beutekunst: Beutekunst nennt man zusammenfassend Kulturgüter, die sich jemand in einem Krieg oder kriegsähnlichen Zustand widerrechtlich aneignet (= Kunstraub). Dies geschieht gewöhnlich, um den Gegner zu demütigen, sich selbst, die eigene Partei oder den eigenen Staat zu bereichern. Oftmals ist der Kunstraub auch Ausdruck staatlicher Ideologie. In der Rechtswissenschaft wird von der Beutekunst der Begriff der Raubkunst abgegrenzt. Beutekunst ist ein kulturelles Phänomen, das es als Folge von Kriegen seit jeher gegeben hat.

Bewertung: Ermittlung von Schriftgut, das vom zuständigen Archiv endgültig und dauerhaft ins Archiv übernommen wird

Bewertungsmodell: In diesem Modell werden die inhaltlichen und formalen Kriterien für die archivische Bewertung einer anbietenden Stelle/Behörde/Institution festgelegt. Diese Auswahlkriterien müssen nachvollziehbar sein und sollten schriftlich dokumentiert werden.

Bewertungsprotokoll: In diesem Protokoll wird die Menge des angebotenen Schriftguts, die Menge des übernommenen Schriftguts und die Menge des endgültig vernichteten (= kassierten) Schriftguts jeweils in (Archiv-) Metern angegeben. Es werden auch die Bewertungsentscheidungen (= Archivierungsmodell) festgehalten.

Depositum: Der Begriff Depositum (lat. das Hinterlegte) bezeichnet im Archivwesen Schriftgut, das entweder von Privatpersonen oder nichtstaatlichen Institutionen in einem öffentlich zugänglichen Archiv hinterlegt wird. Die Abgabe von Schriftgut aus Privatbesitz kann erfolgen

  • durch eine Deponierung (= Hinterlegung, meist ohne Eigentumsübertragung an das Archiv, die Rechte am Schriftgut verbleiben beim Eigentümer)
  • durch eine Schenkung (die Eigentumsrechte gehen vollständig an das Archiv über)
  • durch Kauf (die Eigentumsrechte gehen vollständig an das Archiv über)

Digitalisierung: Herstellung von digitalen Reproduktionen (= Digitalisaten) von Archivgut

Enteisen: siehe Entmetallisieren

Entgeldordnung für Reproduktionen: Hierin sind die Kosten für die Erstellung von Reproduktionen von Archivgut festgelegt (siehe auch: Gebührenordnung)

Entmetallisieren: Entfernen aller Metallteile (heute auch Plastikteile) aus dem Archivgut

Ergänzungsantrag: Ein Formular, dass zu einem Benutzungsantrag vom Archivnutzer auszufüllen ist. In diesem Formular wird genau festgelegt, welche archivische Benutzung für noch nicht frei gegebenes Archivgut gelten soll (z.B. Herabsetzung der Sperrfristen, Erlaubnis oder Verbot der Herstellung von Reproduktionen)

Ersatzverfilmung: Verfahren, bei dem eine Ersatzüberlieferung in Form einer Reproduktion erstellt wird, um die Originale gänzlich entbehrlich zu machen, d.h. sie werden anschließend endgültig vernichtet.

Erschließung: siehe Verzeichnung

Findbuch: Findmittel in Buchform, das nach Abschluss der Erschließungsarbeiten zu einem Archivbestand angefertigt wird. Es besteht im Allgemeinen aus Vorwort, Inhaltsverzeichnis, Gliederung (= Klassifikation), Inventar, Index und Konkordanz.

Gebrauchsverfilmung: siehe Schutzverfilmung

Gebührenordnung: Hierin sind die Kosten für archivische Dienstleistungen festgelegt (siehe auch: Entgeldordnung für Reproduktionen)

Gliederung: Systematisches, nach sachlichen bzw. inhaltlichen Gesichtspunkten aufgebauten Ordnungsschema eines Archivbestandes

Inhaltsverzeichnis: Beschreibt den Inhalt eines Archivbestandes in Form eines schlagwortartigen Textes

Kassation: Endgültige Vernichtung des ausgesonderten und nicht als archivwürdig bewerteten Schriftguts

Kassationsprotokoll: siehe Bewertungsprotokoll

Kassieren: Vorgang der endgültigen Vernichtung als nicht archivwürdig bewerteten Schriftguts

Klassifikation: siehe Gliederung

Konservierung: Verfahren, um den Säurefraß bei Papieren entgegen zu wirken

Laufzeit: Bezeichnet die Zeitspanne zwischen Anfangs- und Enddatum der Bearbeitung der Dokumente (Datum des ersten und letzten Dokuments). Die Ermittlung der Laufzeit von Archivalien bildet einen wichtigen Teil der archivischen Verzeichnungsarbeit. Sie ist auch für die Berechnung der archivischen Sperr- und Schutzfristen von Bedeutung.

Leihschein: Mit Hilfe dieses Zettels werden die Archivalien aus dem Magazin des Archivs bestellt

Nebenlaufzeit: Bezeichnet die Zeitspanne jener Dokumente,die außerhalb der eigentlichen Laufzeit der Archivalieneinheit entstanden sind und für den eigentlichen Verwaltungsvorgang der Archivalieneinheit von nachrangiger Bedeutung sind.

Papierentsäuerung: Bestandserhaltene Maßnahmen von sogenannten „sauren" Papieren, hierzu wird das „saure" Papier neutralisiert und eine alkalische Reserve eingebracht.

Raubkunst: NS-Raubkunst und Restitution umfasst thematisch den Gesamtzusammenhang des Raubs von Kunstwerken und Kulturgütern während des Nationalsozialismus sowie die Suche nach den geraubten Objekten und deren Rückgabe an die rechtmäßigen Eigentümer seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Unter Raubkunst versteht man ausschließlich Kulturverluste, die dadurch entstanden sind, dass das NS-Regime Sammler - also Privatpersonen verfolgt, erpresst. ihres Besitzes beraubt und in vielen Fällen ermordet hat.

Reponieren: Zurücklegen von Archivgut in das Magazin nach einer Benutzung

Reproduktion: Wiedergabe oder Vervielfältigung von Archivgut mit fotomechanischer oder digitaler Technik

Restaurierung: Bestandserhaltene Maßnahmen, die der Wiederinstandsetzung beschädigten Archivguts dienen

Restitution: Rückgabe oder Entschädigung des während des Nationalsozialismus geraubten Vermögens an Verfolgte des NS-Regimes; im weiteren Sinne auch Rückgabe oder Entschädigung für enteignetem Grundbesitz in der ehemaligen DDR nach der deutsch-deutschen Wiedervereinigung

Retrokonversion: Verfahren zur Digitalisierung der Kataloge von Bibliotheken und der Findmittel von Archiven. Ziel ist die Bereitstellung der Daten als Druckdatei, Datenbank oder als Internet-Anwendung

Sachinventar: siehe Sonderfindbuch

Schutzfrist: siehe Sperrfrist

Schutzverfilmung: Herstellung von Digitalisaten, die statt des Originals zur Benutzung vorgelegt werden, um dieses zu schonen

Sicherungsverfilmung: Vorbeugende Maßnahme zur Sicherung von Archivgut vor jeglicher Vernichtung der Originale

Signatur: siehe Archivsignatur

Sonderfindbuch: Findmittel in Buchform, das Archivgut zu einem Thema aus verschiedenen Archivbeständen zusammenfasst.

Sperrfrist: Dauer der archivischen Benutzungssperre einer Archivale für die Benutzung. Die Berechnung dieser Sperre wird durch die Archiv- und Datenschutzgesetzgebung geregelt.

Übernahmeliste siehe Abgabeliste

Übernahmepflicht: Schriftgut staatlicher Herkunft, dessen Aufbewahrungsfrist abgelaufen ist, muss vom zuständigen Archiv übernommen werden.

Übernahmequote: Legt den Anteil des angebotenen Schriftguts fest, das vom Archiv endgültig übernommen werden soll

Umbettung: Umlagerung von Archivgut in Schutzmappen aus säurefreien und alterungsbeständigen Pappen und Kartons

Verzeichnung: Aufbereitung und Zugänglichmachung der im Archivgut enthaltenen Informationen. Als Ergebnis der archivischen Erschließung entstehen archivische Findmittel (z.B. Findbücher, Datenbanken). Es wird zwischen der einfachen Erschließung und der erweiterten Erschließung (= Tiefenerschließung) unterschieden. Ein Teil der archivischen Erschließung/Verzeichnung von Archivgut besteht im Kern aus

  • der Vergabe der eindeutigen Signatur
  • der Feststellung der Laufzeit und
  • der Titelbildung mit Titelergänzung durch einen sogenannten Enthält-Vermerk

Wiedergutmachung: Kompensierung eines Unrechts durch Beseitigung oder Abmilderung seiner Folgen oder Leistung eines Ausgleichs. Die deutsche Wiedergutmachungspolitik beinhaltet den Versuch einer politischen Wiedergutmachung dessen, was die Opfer des Nationalsozialismus zu erleiden hatten.

Zugangsbuch: Fortlaufend und jahrweise geführter Nachweis über Zugänge an Archivgut unter Angabe von Herkunft, Umfang, Art des Schriftguts und künftigen Lagerungsort

Zugangsnummer: Nach dem Eingang neuer Archivalien erhalten diese als gemeinsame Gruppe eine eindeutige Nummer, die sich - je nach Archiv - aus dem entsprechenden Jahrgang und einer laufenden Nummer (pro Archivale eine Nummer!) zusammengesetzt.