Erwerbung
Ziele der Bestandspolitik¶
Das Ziel der Bestandspolitik ist die optimale Medienversorgung der unterschiedlichen Nutzer:innen. Dafür gibt es folgende "Zwischenziele":
- schnellstmögliche Bereitstellung der benötigten Medien
- Erkennen des zukünftigen Bedarfs
- Sicherung der Medien
- effizienter und effektiver Einsatz der Haushaltsmittel
Aufgrund von finanziellen, räumlichen und sachlichen Gründen muss eine Auswahl getroffen werden. Dafür erarbeiten Bibliotheken meist ein Bestandskonzept (Erwerbungsprofil).
Literaturauswahl¶
ÖB | WB | |
---|---|---|
Entscheidung | meist Leitung | meist Fachreferent |
Entscheidungshilfen/Angebote | ekz (ID) | Nutzer (Wunschbuch) |
Buchhandlung | Professoren, Dozenten | |
Verlage/Neuerscheinungen | elektronische Medien: Benutzergesteuerte Erwerbung (PDA)[^fn1] |
Arbeitsschritte¶
Die Buchauswahl besteht aus drei Arbeitsschritten, die in der Praxis in einem Auswahlvorgang getätigt werden:
- Sichtung
- Begutachtung (Beurteilung)
- Kaufentscheidung
Sichtung¶
* Bibliothekare verschaffen sich umfassenden oder ausschnitthaften Überblick über die einschlägige Buchproduktion und treffen eine Vorauswahl * Hilfsmittel: * ekz ID (Informationsdienst) * Buchbesprechungen (Rezensionen) * Annotation * Nationalbibliographie * ... * Überprüfung, ob das Werk schon vorhanden ist (Vorakzession)
Begutachtung (Beurteilung)¶
* Begutachtung durch Einsichtnahme (Ansichtsexemplare) * Beurteilung auf Grund von Rezensionen * Beurteilung auf Grund bibliographischer Angaben
In ÖBs wird bei Sichtung und Begutachtung von Lektoratsarbeit gesprochen, in WBs vom Fachreferat.
Kaufentscheidung¶
* Entscheidung, ob der Kauf sinnvoll ist im Hinblick auf * Aufgaben der Bibliothek * fachliche Schwerpunkte * Benutzerkreis * verfügbaren Geldmittel * ➔ Erwerbungsprofil * Entscheidung zum Kauf eines Exemplars oder Mehrfachexemplaren
Erwerbungsprofile¶
Erwerbungsprofile sind Erwerbungsrichtlinien, die die erwerbungspolitischen Ziele einer Bibliothek gemäß ihrem Aufgabenprofil definieren. Sie dienen
* der Planung des Bestandsaufbaus bzw. der Bestandsentwicklung * dem praktischen Vollzug des Bestandsaufbaus bzw. der Bestandsentwicklung * der Erfolgskontrolle * der Erwerbungskooperation * der Standortbestimmung und Positionierung im Wettbewerb um Ressourcen.
Ein Erwerbungsprofil berücksichtigt
* Komplettierung vorhandener Bestände * Sammelschwerpunkte (-> Sondersammelgebiete) * Absprachen auf regionaler und überregionaler Ebene * Benutzerbedürfnisse * Etat * Medienqualität (Autor, Inhalt, Darstellung) * Aktualität und zukünftige Bedeutung der Medien * ggf. Archivierungsrelevanz der Medien
Erwerbungsprofile umfassen alle Erwerbungsarten und alle Medienformen. Sie müssen kontinuierlich fortgeschrieben werden, da Markt und Etatentwicklung dynamische Größen sind.2
Erwerbungsarten¶
Kauf¶
* Novitäten (Neuerscheinungen) und Antiquaria (antiquarische Bücher) * Bibliotheksrabatte, Subskriptionspreise * Verschiedene Arten der Beschaffung: + inländische Novitäten: * meist über ortsansässige Sortimentsbuchhandlungen + ausländische Novitäten: * einheimische Importbuchhandlungen * ausländische Sortimenter * Library Suppliers + ausländische Zeitschriften: * meist internationale Zeitschriftenagenturen * Vorteile: * nur ein Ansprechpartner für viele Zeitschriften * Konsolidierungsservice (Reklamation fehlender Hefte) * Abrechnung durch die Agentur ➔ nur eine Rechnung + Graue Literatur: * Bestellung meist direkt bei herausgebender Institution * auch: spezialisierte Versandbuchhandlungen + Antiquaria: * traditionell auf Grundlage von Antiquariatskatalogen * Hilfsmittel oft Desideratenlisten (Verzeichnisse gesuchter Werke) * besondere Bedeutung bei Handschriften, Inkunabeln, seltenen und kostbaren Büchern, Briefen * fast ausschließlich bei WBs
Lizensierung¶
* elektronische Medien (eBooks, eJournals, Datenbanken) * Eigentumsrechte verbleiben beim Anbieter, die Bibliothek erhält ein zeitlich begrenztes Nutzungsrecht * Wichtige Aspekte bei Verträgen: + Nutzergruppe (alle Benutzer der Bibliothek, nur registrierte, ...) + Benutzungsmodalitäten (Nur vor Ort/Fernzugriff, gleichzeitige Zugriffe, ...) + Export (Ausdrucke, Kopien der Dateien, ...) + Langzeitnutzung (Zugriff auf das Archiv der Zeitschrift, ...) * Häufig auch Lieferung von Erschließungsdaten und Erhebung von Nutzungsstatistiken
Tausch¶
* keine Aufwendung von Barmitteln * ggf. Beschaffung von nicht (mehr) im Buchhandel erhältlichen Werken * in Frage kommende Schriftgattungen: + eigene Veröffentlichungen der Bibliothek bzw. der Institution, an die sie angeschlossen ist + Dissertationen (Pflichtexemplare), andere Hochschulschriften + Schriften von Akademien und gelehrten Gesellschaften (Tausch an örtliche Bibliothek übergegangen) + Dubletten * verschiedene Formen: + Pauschaltausch (regelmäßig, Vereinbarung über Art und Umfang ➔ etwa gleiche Werte abgeben wie erhalten) + Einzeltausch (Buch gegen Buch bzw. Zeitschrift gegen Zeitschrift, kein exakter Wertausgleich, stärkere Berücksichtigung des Erwerbungsprofils möglich) + Verrechnungstausch (exakter Wertausgleich anhand von Laden- bzw. Originalpreisen) * Sonderform: Kauf-Tausch (Medium muss vor dem Tausch erworben werden, hauptsächlich im internationalen Schriftentausch)
Geschenk¶
* Freunde und Förderer der Bibliothek, Verleger, Vereine, Nachlässe, teilweise auch Autoren * sorgfältige Prüfung: lohnt sich die Übernahme? (Aufwand für Einarbeitung) + Erwerbungsprofil + Dubletten + Zustand der angebotenen Medien + Auflagen an die Schenkung geknüpft? * Fehlende Werke können als Geschenk erwünscht werden
Pflichtablieferung¶
* gesetzlich vorgeschrieben, soll die Sammlung aller in einem bestimmten Gebiet veröffentlichten Medien an einer Stelle ermöglichen * "Pflichtexemplare" bzw. "Pflichtstücke" * meist nur bei National-, Staats-, Landes- oder Regionalbibliotheken * bei besonders hochwertigen Medien ggf. Entschädigung an den Ablieferungspflichtigen * Formen: + Regionale Pflichtablieferung * Pflichtablieferungs- bzw. Pressegesetze der Bundesländer * oft nicht nur Printmedien + Nationale Pflichtablieferung * 1913 - 1945 freiwillige Ablieferung an die "Deutsche Bücherei" in Leipzig * ab 1945 freiwillige Ablieferung an die "Deutsche Bücherei" bzw. die "Deutsche Bibliothek" in Frankfurt/M. * DDR: Ablieferungspflicht an die "Deutsche Bücherei" bzw. "Deutsche Staatsbibliothek" in Berlin; zweites Exemplar freiwillig an die "Deutsche Bibliothek" * BRD ab 1969: Ablieferungspflicht an die "Deutsche Bibliothek", zweites Exemplar freiwillig an die "Deutsche Bücherei" * Seit 2006 "Gesetz über die Deutsche Nationalbibliothek" (Zweifache Ablieferung von Print-Medien, einfache Ablieferung von Online-Publikationen) + Amtliche Veröffentlichungen * Abgabepflicht an die Staatsbibliotheken Berlin und München, Bibliothek des Deutschen Bundestages, DNB
Bestellarten¶
Fest:
- Verpflichtung zu Abnahme und Bezahlung
zur Ansicht:
- Vorbehaltlich, Kaufentscheidung wird aufgrund des vorliegenden Mediums getroffen
- Verkäufer räumt Rückgaberecht ein
- meist nur sehr teure Medien
zur Subskription:
- Erklärung, ein Medium zu einem bestimmten Termin zu kaufen, meist vor Erscheinen
- Kalkulationshilfe für den Verlag (wie hoch wird die Nachfrage voraussichtlich, Preisberechnung)
- Bibliothek erhält dafür Nachlass (ca. 10 - 15%)
-
Patron-Driven Aquisition ↩
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Quelle lt. Berufsschule 2015-01-19: http://acqwiki.iuk.hdm-stuttgart.de/Erwerbungsprofil ↩